Okay, das war mal ein ESC-Liedchen und ich konnte einfach nicht widerstehen den Songtitel hier zu ‚missbrauchen‘, denn in Wahrheit geht es heute um etwas richtig Großes und Altes…
Wer hätte es gedacht?
Jeder kennt Bayern, jeder weiß wie katholisch Bayern ist, jedenfalls sehr sehr überwiegend und bildprägend, wenn wir an all die vielen großen und kleinen Kirchenbauten und Klöster denken.
Jeder hat schon mal etwas von der Stadt Augsburg gehört – Stichwort Fugger – oder war sogar schon mal dort, wenn nicht – unbedingt mal nachholen, eine wirklich hübsche kleine Kreisstadt. Auch hier prägen die vielen vielen Kirchen das Stadtbild maßgeblich und natürlich das tolle Rathaus mit seinem spektakulären Goldenen Saal – definitiv ein Highlight fürs Auge.
Augsburg hat aber neben Kirchen & Co. noch etwas zu bieten, sogar etwas Einmaliges: Augsburg hat deutschlandweit die meisten gesetzlichen Feiertage! Sogar einen mehr als im sonst schon diesbezüglich reichlich gesegneten Bayern.
Einer mehr! Warum und wann?
Das WANN ist ganz schnell erzählt: Immer am 8. August eines Jahres …und wer diesen Artikel tagesaktuell ließt sieht: Aha, heute ist der 8. August im Jahr 2018 😉 und zwar schon seit 1650 ist in Augsburg der 8. August ein ganz besonderer Tag. Nur im 2. Weltkrieg da wurde er den Augsburgern mal für ein paar Jahre unterschlagen, genau von 1942 – 1944.
Das WARUM ist aber viel spannender und war für mich eine echte Überraschung!
Immer am 8.August wird in Augsburg das sogenannte Hohe Friedensfest begangen. Ist dieser im Ursprung ein religiös begründeter Feiertag (Erläuterung folgt weiter unten), ist er seit 1950 sogar ganz offiziell ein gesetzlicher Feiertag und alle Arbeitnehmer im Stadtgebiet Augsburg haben jeweils am 8. August frei. Wer in Augsburg wohnt und zum Beispiel in München arbeitet, gibt es derer reichlich, schaut allerdings mit dem Ofenrohr ins Gebirge, da ja ausschließlich auf das Stadtgebiet Augsburg begrenzt.
Nun aber: Was steckt hinter dem Namen ‚Hohes Friedensfest‘?
Das Fest und der Feiertag soll an die Leidenszeit der evangelischen (!) Bevölkerung im Dreißigjährigen Krieg erinnern. Jawohl, das überwiegend katholische Bayern spendiert den Evangelen einen Extra-Feiertag.
In besagtem Dreißigjährigen Krieg hat nämlich das damalige katholische Augsburger Stadtregiment anno 1629 einfach so sämtliche evangelische Kirchen schließen lassen und die Prediger von Dannen gejagt. Von da an konnten die evangelischen Gläubigen jahrelang ihren Gottesdienst nur noch unter freiem Himmel abhalten.
Dann kam die Wende!
Die Wende brachte der Westfälische Friede von 1648. Die Reichsstadt Augsburg erhielt die konfessionelle Parität, soll heißen: Alle Stadtämter wurden von da an doppelt besetzt und die evangelischen Kirchen mussten wieder geöffnet werden, die Prediger durften wieder in der Stadt in den Gotteshäusern predigen. Die Umsetzung dauerte natürlich noch ein wenig, aber sie kam. Die evangelische Bevölkerung der Freien Reichsstadt Augsburg feierte erstmalig am 8. August 1650 ihr Hohes Friedensfest zum Dank dafür, dass ihr wieder volle Religionsfreiheit garantiert war. Und klar, seither jedes Jahr…bis auf die o.g. Jahre im 2. Weltkrieg.
Traditionen zum Friedensfest
Bereits seit 1985 feiert Augsburg gemeinsam – egal ob katholisch oder evangelisch, sprich es wird ökumenisch gefeiert. Dazu gibt es am Morgen einen festlichen ökumenischen Eröffnungsgottesdienst.
Es finden vielerlei Kultur- und Unterhaltungsveranstaltungen statt, darunter auch Friedensläufe am oder um das Datum des Friedensfestes herum. Am 8..August selbst wird alle drei Jahre auch der Augsburger Friedenspreis verliehen.
Die Augsburger Kinder dürfen sich zum Friedensfest kreativ betätigen: Es gibt jedes Jahr ein Motto und dieses darf bildlich im ‚Friedensbild‘ umgesetzt werden. Natürlich gibt es dann eine Prämierung des laut Jury besten Bildes. Dieses Jahr lautet das Motto:
“Utopie: Was wäre wenn…?”
Bei den zahlreichen Veranstaltungen am und um den Friedenstag herum werden zum obigen Motto passende und weiterführende Fragen wie
- Wie sieht unsere Welt in fünf, zehn, fünfzig Jahren aus?
- Wollen wir so weitermachen wie bisher?
- Was erhoffen wir uns für unsere Zukunft?
gestellt und miteinander diskutiert.
Der alljährliche Höhepunkt der Veranstaltungen zum Feiertag am 8. August bildet die Friedenstafel auf dem Rathausplatz! Mehr als hundert Augsburger treffen sich um gemeinsam zu essen und zu trinken. Dazu bringen die Teilnehmer die Speisen mit und symbolisieren somit sehr anschaulich ein friedliches Miteinander unterschiedlicher Kulturen und Religionen in der Friedensstadt Augsburg.
Als Augsburg noch eine US-Garnisonsstadt war und dort viele amerikanische Soldaten stationiert, gab es am 8. August auch noch ein Abendkonzert, gemeinsam veranstaltet von deutschen und amerikanischen Militärkapellen. Der finale Abschluss des Feiertages wurde damals mit großem Feuerwerk im Rosenaustadion zelebriert.
Fazit: Es geht also durchaus, mit unterschiedlicher religiöser Ausrichtung gemeinsam leben und feiern und sich gegenseitig wertschätzen. Für mich ist das Augsburger Hohe Friedensfest auch ein Symbol. Es erinnert mich daran, dass es eben viele Wege, Meinungen und Kulturen gibt und nicht nur die EINE, die einzig seligmachende ist.
Ich wünsche dir eine ‘friedvolle’ Woche mit ‘Antworten’.
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