Eine Kombination die auch heute noch nicht so gern gesehen wird. Interessanterweise ebenso von so manch einer Geschlechtsgenossin, nicht nur von Männern. Anfang November jährte sich der 150. Geburtstag einer besonderen Frau, die es schaffte sich in einer Männerdomäne zu behaupten, wenn auch …
Eines noch vorweg: Ich war in Physik immer eine Niete, aber diese Frau beeindruckt mich durch ihre Persönlichkeit und ihr Wissen, daher möchte ich sie dir gerne in Punkte Forschung und Persönlichkeit etwas näher bringen: Marie Curie!
Achja denkst du, den Namen habe ich schon mal gehört oder er ist dir in der einen oder anderen Großstadt als Straßenname begegnet, stimmts?
Eine Frau mit eigenem Kopf
Sie wurde am 7. November 1867 in Warschau geboren und war das letzte von insgesamt fünf Kindern. Ihre Vater war Mathematik- und Physiklehrer, womit sich vielleicht ein angeborenes Interesse an den Naturwissenschaften erklären lässt, allerdings zu der Zeit für ein Mädchen eher unüblich. Um so erstaunlicher, dass sie aufs Lyzeum darf und es 1883 sogar mit Auszeichnung abschließt. Kein Wunder, sie konnte mit 4 Jahren schon lesen und wenn du mal nachrechnest, dann hat sie ihr Abitur mit 15 (!) Jahren gemacht.
Leider verspeckulieren sich ihre Eltern finanziell derart, dass das gesamte Vermögen dahin ist. Marie, zu der Zeit noch Marya Sklodowska, nimmt eine Stelle als Erzieherin an, damit sie das Medizinstudium ihrer älteren Schwester in Paris finanzieren kann. 1891 folgt sie ihrer Schwester nach Paris und beginnt dort ein Studium der Mathematik und Physik an der Pariser Sorbonne. Nun ist es an der Zeit, dass Marie von ihrer Schwester finanziell untertützt wird.
Marie belegt 1893 bei der Abschlußprüfung für Physik den ersten Platz, in Mathematik wird sie Zweitbeste und sie wird Doktorandin beim Physikprofessor Antoine Henri Becquerel… der Name dürfte dir auch nicht ganz unbekannt sein oder?
Die Liebe und ihr Forscherdrang
In ihrer Doktorandenzeit lernt sie den Physiker Pierre Curie kennen und lieben. Im Juli 1895 heiraten sie und arbeiten von nun an gemeinsam. Leider haben sie nur die Mittel für ein eher improvisiert zu nennendes Laboratorium mit äußerst unzulänglichen Forschungsbedingungen. Ein damaliger Kollege von ihnen bezeichnete den maroden Hinterhausschuppen in der Rue Lhomond in Paris als ‘eine Kreuzung aus Stall und Kartoffelkeller’. Klingt verlockend oder?
Becquerel entdeckt 1896 die Strahlung des Elements Uranium und Marie ist überzeugt, dass sich diese auch bei anderen Elementen nachweisen lässt. Bei der gemeinsamen Forschungsarbeit mit ihrem Mann am Mineral Pechblende isoliert sie zwei bisher noch unbekannte Elemente: Radium und Polonium. Letzteres benennt sie nach ihrer Heimat. Die Strahlung dieser beiden Elemente nennt sie radioaktiv, auch das Wort gab es bis dahin noch nicht.
Trotz allem Forscherdrang kommt die Liebe nicht zu kurz und sie bekommt 1897 ihre erste Tochter: Irène. Diese wird später in Marie’s Fussstapfen treten und gemeinsam mit ihrem Ehemann Frédéric Joliot-Curie 1935 den Nobelpreis für Chemie erhalten, was Marie und auch Pierre aber leider schon nicht mehr miterleben werden.
Bis dahin vergeht allerdings noch Zeit. Der Vater von Pierre passt auf das Kleinkind auf, damit Marie und ihr Mann eifrig weiter forschen können. Tatsächlich entdeckt sie 1898 weitere Radioaktivität, diesmal im Elemet Thorium. Ab 1900 unterrichtet sie Physik an der Mädchenschule in Sévres. Sie ist auch hier ihrer Zeit voraus und führt als erste Lehrkraft die Methode der experimentellen Demonstration ein. Für mich waren das immer die interessantesten Momente im Physikunterricht, wenn vorne ‚etwas passierte‘… 😉
Das Jahr 1903 wird für Marie ein besonderes Jahr: Sie promoviert in Physik und gemeinsam mit dem Physiker Becquerel erhalten ‚Herr & Frau Curie‘ den Nobelpreis für Physik ‚für die Entwicklung und Pionierleistung auf dem Gebiet der spontanen Radioaktivität und der Strahlungsphänomene‘. Allerdings wurde sie erst nach heftigem Protest seitens ihres Mannes ebenfalls für den Nobelpreis namentlich genannt. Denn wenn Stockholm hier nicht einlenkt, so Pierre, werde er die Auszeichnung nicht entgegen nehmen. Leider leider konnten dann aber beide Curie’s nicht persönlich nach Stockholm reisen, denn damals zeigten sich schon erste Anzeichen dafür, dass zuviel Radioaktivität der Gesundheit nicht zuträglich ist. Ihre Forschungsarbeit hatte sie berühmt gemacht, aber eben auch krank.
Im Jahr darauf bekommt sie ihre zweite Tochter: Ève. Auch diese Tochter kommt zu Gunsten der Forschungstätigkeit der Eltern in die Obhut von Pierres Vater.
Leider kommt ihr Mann Pierre Mitte April 1906 bei einem Straßenbahnunfall ums Leben. Er hatte bis dahin Vorlesungen an der Pariser Universität Sorbonne gehalten. Bereits ab Mitte Mai führt Marie Curie seine Vorlesungen fort und ist damit die erste unterrichtende Frau an der Sorbonne! Es soll noch zwei Jahre dauern, bis sie endlich die ordentliche Professur für Physik an der Universität Sorbonne erhält.
Und nun ist es endlich soweit: Im Dezember 1911 erhält sie ihren eigenen Nobelpreis für Chemie für die Isolierung des Elements Radium. Folgerichtig wird sie 1914 auch Leiterin des Radium-Instituts an der Pariser Universität. Der Hammer ist allerdings, dass sie aus Stockholm doch tatsächlich mit dem Brief der Nominierung gleich auch die Aufforderung erhielt, bitte nicht persönlich in Stockholm zu erscheinen. Wieso denn das nun? Tja, Marie führte zu der Zeit und für diese Zeit ein unmoralisches Privatleben. Nachdem ihr Mann 1906 tödlich verunglückte, begann sie danach eine heftige Liebesaffäre mit seinem ehemaligen Schüler Paul Langevin, der noch dazu jünger, verheiratet und vierfacher Vater war! Skandalös… Die Presse bekam Wind davon und trat eine regelrechte Schmutzkampagne los. Vom Mob wurde Marie auf offener Straße angepöbelt…‘Nieder mit der Fremden, nieder mit der Gattendiebin‘… auch Steine flogen. Völlig versteinert und weiß wie eine Statue stand sie da und nur das beherzte Einschreiten einiger Freunde von ihr verhinderten wohl Schlimmeres, so Augenzeugenberichte.
Aber nicht mit Marie! Auf den Brief aus Stockholm antwortete sie: ‚Ich glaube, es besteht keine Verbindung zwischen meiner wissenschaftlichen Arbeit und (…) meinem Privatleben.‘ Gesagt, getan, fuhr sie nach Stockholm und erhobenen Hauptes nahm sie die Auszeichnung entgegen. Doch soviel Mut und Anspannung forderten ihren Preis: direkt nach ihrer Reise nach Stockholm brach sie zusammen, musste ins Krankenhaus und wart monatelang nicht mehr gesehen. Heute würden wir wohl Burnout dazu sagen.
Eigentlich war sie so schon seit ihrer Jugend: Sie verausgabte sich im wahrsten Sinne bis zum Umfallen für zunächst Studium, Doktorarbeit und dann auch die Forschung. Oft genug musste man sie regelrecht zum Essen und Pausen machen zwingen.
Ihr Wirken im ersten Weltkrieg
Zu Beginn des ersten Weltkrieges entwickelt Marie gemeinsam mit ihrer Tochter Iréne eine mobile Röntgenstation. Marie steuert selbst einen dieser Röntgenwagen an der Front, damit die verletzten Soldaten vor Ort damit untersucht werden können.
Nach dem Krieg
Von 1918 bis 1927 betreibt sie gemeinsam mit Tochter Iréne Forschungstätigkeiten am Radium-Institut in Paris, dass sie seit 1914 leitet. Unter ihrer Leitung entwickelt sich das Institut zu einem Zentrum der Nuklearphysik. Marie geht auf Reisen und hält Vorlesungen in Belgien, Brasilien, Spanien und der Tschechoslowakei.
Gemeinsam mit ihren beiden Töchtern reist sie 1921 in die USA und wird dort vom damaligen Präsidenten, Warren G. Harding, empfangen. In Anerkennung ihrer Forschungen überreicht er ihr ein Gramm Radium… sehr originell, zumal der Kauf durch Spenden der amerikanischen Frauen finanziert wurde.
Marie Curie wird ab 1922 Mitglied der Akademie für Medizin. Sie forscht weiter mit radioaktiven Substanzen und sucht danach, diese medizinisch nutzen zu können.
Marie Curie, eine Persönlichkeit … gegen allen Widerstand
Wie schon seit ihrer Jugend ging sie ihren eigenen Weg. Sie tat was sie für richtig hielt, forschte, liebte, rebellierte und sagte offen ihre Meinung. Bedenke die Zeit in der sie lebte. Damals war eher so das zurückhaltende liebliche Frauenbild angesagt. Hübsch ja, aber bitte keine eigene Meinung usw. Trotzdem war sie keine feministische Ikone, zu der sie schon zu Lebzeiten gemacht wurde. Auch war sie nie eine Wonder Woman, wie ihre zweite Tochter Ève sie gerne hochstilisiert hat.
Fakt ist: Sie ist eine der berühmtesten Naturwissenschaftlerin der Welt, klug und besessen, leidenschaftliche Forscherin, wofür sie schlussendlich auch mit ihrem Leben bezahlte.
Zuviel Radioaktivität ist bekanntlich ungesund
Marie und auch Pierre hatten massive gesundheitliche Beeinträchtigungen durch ihre intensive Forschungsarbeit mit radioaktivem Material. Zwar dachte Pierre seine Beschwerden kämen vom Rheuma und seine ständige Abgeschlagenheit sei ein Zeichen für seine Überarbeitung, aber es waren erste Anzeichen für eine ernste Strahlenerkrankung. Durch seinen frühen Unfalltod kam es nicht zu mehr. Auch Marie litt bereits seit 1898 an einer Entzündung der Fingerspitzen, ein typisches Symptom der Strahlenkrankheit.
Die Tatsache, das radioaktive Substanzen zu oberflächlichen Verletzungen führen, nehmen beide Curie’s in Kauf. Das diese Strahlungen auch gravierende Schäden im Körperinneren verursachen können, war ihnen nicht bewusst, also zumidnest anfangs nicht.
Doch aufgrund ihrer jahrelangen Forschungsarbeit mit hochdosierten radioaktiven Elementen erkrankt Marie an Leukämie und stirbt daran im Juli 1934. Sie, die Pionierin der Strahlentherapie gegen Krebs stirbt an Anämie.
Ein für damalige Zeiten auf jeden Fall sehr untypisches weibliches Leben endet nach nicht ganz 67 Jahren. Das sie überhaupt so alt wurde, ist aufgrund ihrer gesundheitsschädlichen Forschungstätigkeit wie ein Wunder. Alle ihre Besitztümer sind auch heute noch so verstrahlt, dass man sie nur mit Schutzkleidung anfassen darf. Heftig oder?
Frankreich und wohl auch der Rest der Welt, war zu Lebzeiten von Marie Curie nicht reif für diese selbstbestimmte Ausnahmefrau: Während die gemäßigte Presse schwieg, wurden die rechten Blätter so unappetitlich, dass ihr Lebensgefährte Langevin den Journalisten Téry zum Duell aufforderte und Marie darüber nachdachte, Suizid zu begehen.
Später Ruhm & Ehre
Staatspräsident François Mitterand nannte sie 1995 als ‚wichtigste Frau unserer Geschichte‘ und würdigte sie damit, dass er die Asche von Marie und Pierre Curie ins Panthéon überführen ließ.
Eine große Ehre und die ewige Rebellin hätte ihre Freude daran gehabt, denn das Panthéon ist eine französische Ruhmeshalle, auf deren Giebel eingemeißelt steht: ‚Den großen Männern die Dankbarkeit des Vaterlands‘.
Für mich eine hochinteressante Frau und Persönlichkeit, die nicht nur für die Strahlenforschung von Bedeutung war.
Wenn du bis hierhin durchgehalten und weitergelesen hast, prima! Ich wünsche dir eine tolle neue Woche, vielleicht ein wenig rebellisch(er)… 😉
Dank für diesen spannenden Lebenslauf einer außergewöhnlichen Frau! Zwar habe ich über die Curies schon Filme gesehen, aber vieles vergessen, so dass ich das nun mit Spannung durchgelesen habe. Liebe Grüße, Petra
Sehr gerne, Petra!
Ciao Birgit