Wer kennt ihn nicht, diesen Blick? Oder hast du stets getreu dem Bildtitel dich auf den Ohrring konzentriert? Wenn man bedenkt, das der Maler Zeit seines Lebens seinen Geburtsort nie verlassen hat, er über viele Jahre in Vergessenheit geriet, ist seine weltweite Bekanntheit um so erstaunlicher. Heute geht es um einen Maler, der nachweislich ‘nur’ 37 Gemälde hinterlassen hat und trotzdem – oder auch gerade deshalb – über einen sehr hohen Bekanntheitsgrad verfügt: Jan Vermeer. Er wird in einem Atemzug mit Rembrandt und Frans Hals genannt und gilt heute als einer der großen Meister des Goldenen Zeitalters der niederländischen Malerei.
Aber von Anfang an, denn das war nicht immer so:
Jan Vermeer wurde am 31. Oktober 1632 in Delft geboren. Über seine Eltern ist nur bekannt, dass sein Vater als Seidenwirker, Kunsthändler und Gastwirt sein Geld verdiente. Jan heiratete im Jahre 1650 Catharina Bolens und im gleichen Jahr wurde er als Freimeister in die Sankt Lukasgilde aufgenommen. Bereits mit 43 Jahren verstarb Vermeer am 15. Dezember 1675.
Über seine Ausbildung und Jugend ist eigentlich nichts bekannt. Da er als Freimeister Mitglied der St.-Lukas-Gilde war, muss er zuvor eine sechs Jahre umfassende Lehrzeit bei einem von der Gilde anerkannten Maler absolviert haben. Es wird vermutet, dass Vermeer Schüler von Leonaert Bramer gewesen sein könnte. Es ist bekannt, dass er viele Malerfreunde hatte, aber keiner davon kam nahe genug an seinen Stil heran. Vermeer verdiente sein Geld in erster Linie als Kunsthändler, genau wie sein Vater, sah sich selbst jedoch immer eher als Maler. Er nahm nie mehr als ein oder zwei Auftragsarbeiten pro Jahr an. Da er damals wohl schon ganz gute Preise verlangen konnte, reichten diese Auftragsarbeiten und seine Kunsthändlertätigkeit, um seine Frau und seine elf (!) Kinder durchzubringen.
Fest steht allerdings auch, dass er zu seinen Lebzeiten eher mit Schulden, denn auf großem Fuß lebte und angeblich sollen diese hohen Schulden auch zu seinem frühen Tod 1675 beigetragen haben. Bevor er mit Namen wie Rembrandt & Co. als hoch begabter und virtuoser Künstler genannt wurde hatte man ihn fast zwei Jahrhunderte total vergessen!
Seine Bilder zeigen hauptsächlich die damaligen Aufgaben und Pflichten von Frauen, die Gebote der Tugend, nach denen sie ihr Leben auszurichten hatten und ihre Träume, die im Gegensatz zu ihrem oft beschwerlichen Alltag standen. Seine Malerei fasziniert durch die Farbharmonie, die gelungenen Perspektiven und die Wiedergabe des Lichts; Frauen in einer intimen, ruhigen Szene im Raum mit Lichteinfall. Man nennt solche Bilder auch Genreszenen. Als Betrachter kann man den Frauen bei irgendeiner Tätigkeit zuschauen. Als man Ende des 19. Jahrhunderts begann, seine Kunst zu schätzen, fanden sich auch gleich zahlreiche Nachahmer und Fälscher.
Typisch für Vermeers Werk ist die Verwendung der Farben blau und gelb. Außerdem ist er als ‘Meister des niederländischen Lichts’ bekannt. Angeblich veränderte sich infolge der Landgewinnung die Farbe des niederländischen Himmels, da die Moore und Seen nicht mehr existierten und das Licht nicht mehr zum Himmel reflektiert wurde. Das ‘mystische niederländische Licht’ ist nur in alten Gemälden zu sehen.
Heute ist das Werk von Johannes Vermeer unbezahlbar. Das Gemälde ‘Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge’ wird auch die ‘Mona Lisa des Nordens’ genannt und hat sogar schon die Filmemacher aus Hollywood inspiriert.
Seine bekanntesten Werke sind darüber hinaus:
Ansicht von Delft Straße in Delft
Dienstmagd mit Milchkrug Der Liebesbrief Die Musikstunde
Salvador Dali hat sich in einem Teil seiner Werke mit Jan Vermeer beschäftigt. Er war als Kind von einer Reproduktion von Vermeers ‘Die Spitzenklöpplerin’ fasziniert. Sie hing im Arbeitszimmer seines Vaters. So malte er 1934 und 1936 einige Bilder mit Bezug zu Werken Jan Vermeers. Salvador Dali bat sogar den Louvre, eine Kopie der Spitzenklöpplerin anfertigen zu dürfen und erhielt die Erlaubnis. So entstand 1955 die Kopie und das Bild Paranoisch-kritisches Gemälde der Spitzenklöpplerin von Vermeer, in dem er das Gemälde in Form von Rhinozeroshörnern explodieren lässt. Diese Form hatte Dali wohl schon seit seiner Kindheit im Kopf, weil er beim Betrachten der Reproduktion des Gemäldes an diese denken musste.
Salvador Dali war ein großer Bewunderer Vermeers und verglich dessen Spitzenklöpplerin mit der Sixtinischen Kapelle. Dazu sagte er wörtlich:
‘Michelangelo mit dem Jüngsten Gericht ist nicht großartiger als Vermeer van Delft mit seiner Spitzenklöpplerin im Louvre, eine Handspanne im Quadrat groß. Wenn man die plastischen Dimensionen in Betracht zieht, so kann man Vermeers Spitzenklöpplerin der Sixtinischen Kapelle gegenüber als großartig bezeichnen.’
Bei den Gegenwartskünstlern ist es Gerhard Richter, dessen Bewunderung für Vermeer immer wieder genannt wird und in seinen ‘unscharfen’ Foto-Adaptionen zum Ausdruck kommt.
Auch unter den Schriftstellern hat und hatte er Fans: Marcel Proust zum Beispiel oder Tracy Chevalier, der mit seinem 1999 erschienenen Roman ‘Das Mädchen mit dem Perlenohrring’ Jan Vermeer zu aktueller Popularität verhalf. Der Roman wurde dann 2003 sogar von Peter Webber verfilmt mit Scarlett Johansson in der Hauptrolle. Vermeer wurde von Colin Firth dargestellt. Der Film wurde immrhin für drei Oscars nominiert und erhielt mehrere Preise.
Willst du noch mehr über Jan (Johannes) Vermeer erfahren?
Dann empfehle ich dir einen Besuch im Vermeer-Zentrum in Delft. Dort erfährst du mehr über Vermeer und die Geschichten hinter seinen Gemälden.
Sein bekanntestes Gemälde ‘Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge’ findest du dort allerdings nicht, es wird in der Königlichen Bildergalerie Mauritshuis in Den Haag gezeigt.
Außerdem gibt es natürlich noch die eine oder andere Biographie über ihn und seine Werke, seine Technik usw. … du kannst dich bei Interesse also in alle Richtungen ‘austoben’.
Ich für meinen Teil kann mich jedenfalls immer wieder in seinen Bildern verlieren und träumen. Gott sei Dank besitzt das Städel Bilder von Jan Vermeer, da ist der Weg nicht ganz so weit für mich 😉
Vielleicht habe ich dein Interesse an diesem Künstler geweckt und du verbringst eine kunstsinnige Woche.