Heute habe ich das Glück, das an ‚meinem‘ Blogpost-Tag ein noch recht jugendlicher deutscher Feiertag stattfindet, da kann ich gar nicht anders, als mich damit zu beschäftigen 😉 Wenn du also ein bisschen Auffrischung deiner jüngeren deutschen Geschichtskenntnisse vertragen kannst… bitte hier entlang!
Der 3. Oktober … deutscher Nationalfeiertag
In diesem Jahr wird er stolze 28 Jahre, denn am 3. Oktober 1990 fand er erstmals statt. Er soll uns an das ‚Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zur Bundesrepublik Deutschland‘ erinnern.
Wie kam es dazu?
Seit 1990 ist bereits eine ganze Generation herangewachsen, die es gar nicht mehr anders kennt. Ich bin noch mit dem ‚geteilten Deutschland‘ und der ‚Berliner Mauer‘ aufgewachsen. In der Schule wurde es mir als zwar unschöner, aber wohl kaum jemals veränderbarer Tatbestand beigebracht. Du erinnerst dich? Bis 1990 herrschte der sogenannte ‚Kalte Krieg‘und Ost und West hatten sich nicht viel zu sagen. Auch Europa war 1990 noch nicht so vereint, wie es zumindest bis vor gut zwei Jahren (Stichwort Brexit) war. Aber das ist noch eine andere Geschichtsstunde…
Im November 1989 kam es zum symbolischen ‚Mauerfall‘, weil die damalige DDR-Regierung ihren Bürgern endlich uneingeschränkte Reisefreiheit gen Westen erlaubte. Diese wurde eher beiläufig und am Ende einer live übertragenen Pressekonferenz von Günter Schabowski, damals 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Berlin, verkündet. Damals schauten viele DDR-Bürger sich diese Pressekonferenz live im Fernsehen an, konnten ihr Glück kaum fassen und sind, zumindest in Berlin und Umgebung, mehrheitlich sofort losgeflitzt um ‚rüber zu machen‘. Kaum einer glaubte daran, dass diese Verlautbarung von langer Dauer sein sollte, also wollte man schnell sein.
Die armen Grenzposten wurden regelrecht überrannt: Wer konnte machte sich zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Trabi auf den Weg. Zunächst verweigerten die Grenzkommandanten die Ausreise, sie wussten ja von nix und bestanden weiterhin auf der Vorlage eines gültigen, sprich von ganz Oben genehmigten, Reisevisa. Erst gegen Mitternacht wurden die Schlagbäume und Tore geöffnet. Der Tummult war bis dahin so angewachsen, dass es jederzeit eskalieren hätte können.
Im Westen wurden plötzlich die laufenden TV-Sendungen unterbrochen und Live-Übertragungen aus Berlin auf allen Sendern ausgestrahlt. Ich selber weiß noch, dass ich es auch nicht wirklich glauben konnte oder wollte? Ich hatte doch was ganz anderes in der Schule gelernt. Und nun sowas? An diesem Tag wurde Geschichte geschrieben!
Zwar hatte sich die damalige DDR-Regierung das mit den Reisen gen Westen schon noch etwas anders vorgestellt, aber es war zu spät. Die Massen strömten in den Westen, auf den Straßen Berlins – egal ob Ost oder West wurde gefeiert, wildfremde Menschen vielen sich lachend und weinend in die Arme. Ein spontanes riesiges Freudenfest.
Warum ausgerechnet nun das Datum 3. Oktober?
Theoretisch hätte es natürlich auch der Tag der Maueröffnung sein können, aber der 9. November ist in der Deutschen Geschichte bereits sehr negativ belegt, also besser nicht. Außerdem fanden erst im Sommer 1990 diverse finale Verhandlungen und Abstimmungen statt, die den Weg für die deutsche Wiedervereinigung frei machen sollten. Da waren natürlich zigfache Details im Einigungsvertrag von den Delegierten der beiden deutschen Regierungen zu verhandeln und zum anderen mussten auch die sogenannten Zwei-plus-Vier-Verhandlungen zwischen den beiden deutschen Staaten und den vier Siegermächten final ausgehandelt werden. Im Hintergrund ging also richtig die Post ab und es dürfte so manche Nacht durchgearbeitet worden sein.
Am 23. August 1990 schließlich beschloss die damalige DDR in der Volkskammer den ‚Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes nach Artikel 23 des Grundgesetzes.’ Dieser Beschluss trat am 29. September 1990 dann auch in Kraft. Nun waren die rechtlichen Voraussetzungen für die Wiedervereinigung fix. Danach wurden noch die oben schon erwähnten Zwei-Plus-Vier-Verhandlungen finalisiert. Danach war der erstmögliche Termin der 3. Oktober 1990. So kam der deutsche Nationalfeiertag zu seinem Datum.
Jedes Jahr ein großes Fest und jedes Jahr in einer anderen Stadt – warum?
Die Erklärung ist total simpel und extrem politisch: Die offizielle Feier zum Tag der deutschen Einheit findet immer in der Landeshauptstadt des jeweiligen Bundeslandes statt, welches zu diesem Zeitpunkt den Vorsitz im Bundesrat hat. So wurde es vor 28 Jahren in der sogenannten ‚Königsteiner Vereinbarung‘ festgelegt. Daher finden in 2018 die Hauptveranstaltungen zum Tag der Deutschen Einheit unter dem Motto ‘Nur mit euch’ in Berlin statt. Mit Ende dieses Bürgerfestes endet auch die Bundesratspräsidentschaft von Berlin. Bei dem Hauptfest in Berlin finden neben zahlreichen Informations-, Sport- und Mitmachangeboten auch viele hochkarätige Bühnenprogramme statt. Im Rahmen des Festes präsentieren sich alle Bundesländer und die Verfassungsorgane des Bundes.
Letztes Jahr fanden die offiziellen Feierlichkeiten zum 3. Oktober in Mainz statt, es waren rund 500.000 Menschen gekommen um gemeinsam unter dem Motto ‚Zusammen sind wir Deutschland‘ zu feiern.
Es ist üblich, dass viele Reden gehalten werden, natürlich auch vom Bundespräsidenten, auch letztes Jahr war es Frank-Walter Steinmeier, er hat in Mainz eine beachtenswerte Rede gehalten, in der er vor neuen Mauern aus Wut und Enttäuschung warnte. Du erinnerst dich? Kurz davor fanden am 24. September die Bundestagswahlen in Deutschland statt und wir hatten die Situation, danach monatelang ohne handlungsfähige Regierung zu sein.
Ich möchte dir daher gerne einen kleinen Auszug aus seiner Rede nicht vorenthalten, denn seine Worte sind (leider) aktueller denn je…
… „Die große Mauer quer durch unser Land ist weg. Aber am 24. September wurde deutlich: Es sind andere Mauern entstanden, weniger sichtbare, ohne Stacheldraht und Todesstreifen – aber Mauern, die unserem gemeinsamen “Wir” im Wege stehen.
Ich meine die Mauern zwischen unseren Lebenswelten: zwischen Stadt und Land, online und offline, Arm und Reich, Alt und Jung – Mauern, hinter denen der eine vom anderen kaum noch etwas mitbekommt.
Ich meine die Mauern rund um die Echokammern im Internet; wo der Ton immer lauter und schriller wird, und trotzdem Sprachlosigkeit um sich greift, weil wir kaum noch dieselben Nachrichten hören, Zeitungen lesen, Sendungen sehen.
Und ich meine die Mauern aus Entfremdung, Enttäuschung oder Wut, die bei manchen so fest geworden sind, dass Argumente nicht mehr hindurchdringen. Hinter diesen Mauern wird tiefes Misstrauen geschürt, gegenüber der Demokratie und ihren Repräsentanten, dem sogenannten “Establishment”, zu dem wahlweise jeder gezählt wird – außer den selbsternannten Kämpfern gegen das Establishment.“ …
(Frank-Walter Steinmeier – Auszug aus seiner Rede als Bundespräsident
am 3. Oktober 2017 zum Tag der Deutschen Einheit in Mainz)
Fazit: Es ist wichtig, sich an Geschichte zu erinnern, denn ohne sie wären wir gar nicht hier. Die große steinerne und deutlich sichtbare Mauer in Berlin wurde zwar vor nun schon 28 Jahren eingerissen, aber was ist mit den Mauern in unseren Köpfen? Es wäre toll, wenn ich dich mit meinem heutigen Post dazu bewegen kann, zumindest mal ein paar Minuten an diesem geschenkten freien Tag dafür zu nutzen, darüber nachzudenken.
Ich wünsche dir eine bewusste und menschenfreundliche Woche
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