….im Verdrängen? Ganz besonders wenn es um negative oder auch nur unangenehme Gefühle geht? Dann bist du zwar nicht allein, leider, aber um diesen Weltmeistertitel bist du auch nicht wirklich zu beneiden. Warum?
Die ganze Welt ist Gefühl
Egal was wir anstreben, bei allen Erfahrungen und Zielen, geht es immer um Gefühle. Ob du nun von einer monatelangen Weltreise träumst, einem autarken Leben auf dem Bauernhof, einer Familie mit x Kindern oder Reichtum wie Donald Duck: Es geht nie um die ‚Sache‘ an sich, sondern um das positive Gefühl, das wir damit verbinden.
Und ja, wer nicht mehr fühlt – also egal ob positiv oder negativ – der hat aufgehört zu leben. Wer immer und immer wieder seine Gefühle unterdrückt, stumpft innerlich ab, wird depressiv und wenn es ganz dicke kommt, spielt derjenige nicht selten mit dem Gedanken, sein Leben zu beenden.
Gefühle sind extrem wichtig
Also, mir war früher überhaupt nicht bewusst welche zentrale Rolle Gefühle in meinem Leben spielen bzw. in unser aller Leben spielen. Ich begann mich mehr mit dem Thema zu beschäftigen und mich selbst aufmerksamer zu beobachten. Schnell wurde mir bewusst, dass es bestimmte Gefühle gibt, die ich am liebsten unterdrücke, weil ich sie scheinbar nicht ertragen kann. Kennst du das Verhalten auch? 😉 Fakt ist allerdings, dass diese Strategie eine Menge Energie bindet … und das hindert uns oft genug unser wahres Potential zu leben.
Doch warum und wie unterdrücken wir meistens eher unangenehme Gefühle?
Wir alle bevorzugen positive Emotionen wie Freude, Liebe, Stolz und Enthusiasmus. Negative Emotionen wie Trauer, Angst, Scham, Wut, Einsamkeit und Hilflosigkeit wollen wir dagegen nicht gerne fühlen und möchten diese am liebsten rigoros aus unserem Leben verbannen. Negative Emotionen sind die Schatten in unserem Leben, die wir nicht sehen, geschweige denn annehmen oder gar akzeptieren wollen.
Wie war das nochmal mit der Medaille?
Ja genau, bekanntlich hat sie immer zwei Seiten. So ist das auch in der Gefühlswelt. Negative Gefühle sind eben die Kehrseite von positiven Emotionen. Ohne das eine kann das andere nicht existieren. Würden wir Gefühle wie Trauer, Angst oder Scham nicht kennen, wüssten wir auch nicht was pure Lebensfreude, Glück und Ekstase ist. Nur wenn es beide Seiten der Emotionen in unserem Leben gibt, macht unser Leben Sinn. Gerne versuchen wir jedoch die eine Seite, die wir als negativ bewerten, zu unterdrücken und laufen lieber den positiven Gefühlen hinterher. Wenn wir dann doch mal kurz nachdenken, wundern wir uns darüber, warum wir das Glück nie auf Dauer erreichen und unsere negativen Emotionen uns immer und immer wieder einholen.
Wie verdrängst du deine Schattenseite / negativen Gefühle?
Meistens lerne wir es alle schon in frühester Kindheit und entwickeln, anfangs zumindest völlig unbewusst zwei Strategien, um negative Gefühle zu verdrängen bzw. sie nicht fühlen zu müssen: Ablenkung oder Betäubung.
Ablenkung erschaffen wir, indem wir unserem Verstand das Kommando übergeben. Der wird in Form von bewerten und hinterfragen aktiv. Unser Verstand versucht mit vollem Einsatz, das negative Gefühl irgendwie rational einzuordnen, um es dann wegzudrücken, es als lächerlich oder irrelevant abzutun oder zu ignorieren. Gern genommen wird auch: Wir lenken unseren Verstand auf etwas anderes, anstatt das Gefühl zu fühlen. Wir schauen einen Film, surfen ziellos im Internet, zocken Spiele oder wollen immer in Gesellschaft, statt allein sein. Dann gibt es noch die Methode der Betäubung. Hierzu zählen vor allem Essen, Alkohol und Nikotin, aber auch härtere Drogen sowie Spielsucht oder ein erhöhter Drang nach immer neuen Erlebnissen und exzessives Reisen.
Warum wir Gefühle unterdrücken oder verdrängen
Aber warum machen wir das überhaupt? Meist lernen wir in der Kindheit, dass als negativ bewertete Gefühle unerwünscht sind. Wir kriegen schnell mit, dass wir nicht mehr geliebt werden, wenn wir wütend, ängstlich, zornig oder weinerlich sind. Unsere Eltern, die selbst nicht gelernt haben, mit negativen Gefühlen umzugehen, bringen uns früh bei, dass diese Gefühle unerwünscht und nicht in Ordnung sind. Wir kombinieren daher messerscharf, dass mit uns irgendetwas nicht stimmt, weil wir diese negativen Gefühle haben. Wir leiden darunter und spalten diese Gefühle von uns ab, wir wollen sie nicht sehen, nicht akzeptieren und schon gar nicht fühlen. Mit der Zeit werden unsere Verdrängungsstrategien immer ausgefeilter. Je mehr wir sie jedoch bekämpfen, desto heftiger kommen sie immer wieder und können sich zu einem großen Problem entwickeln.
Verdrängte Gefühle kosten unnötig Energie
Unterdrückte Gefühle verschwinden keineswegs, sondern werden dadurch eher stärker und kommen sowieso immer wieder. Sie schreien förmlich nach Aufmerksamkeit, weil Gefühle durchlebt werden wollen. Wenn es ganz blöd läuft, werden aus unterdrückten Gefühlen irgendwann sogar Krankheiten. Es macht also in vielerlei Hinsicht Sinn, wenn du dich deinen negativen Emotionen stellst. Musst ja nicht gleich alle auf einmal abarbeiten…
Der erste Schritt, der meiner Erfahrung nach schon sehr viel bewirkt, ist überhaupt erstmal Bewusstsein auf dieses Thema zu lenken. Das machst du allein schon dadurch, dass du diesen Artikel bis hierher liest. 😉
Alltagstaugliche Übung(en)
Du kannst verschiedene praktische Übungen anwenden, um wieder mehr mit deinen Gefühlen in Kontakt zu kommen. Ganz wichtig: Keiner sagt, also bitte auch du nicht, dass du dich gleich am Anfang den schrecklichsten deiner negativen Gefühle widmest. Damit wäre wohl jeder überfordert. Es reicht total, erstmal wieder mehr mit deiner eigenen Gefühlswelt in Kontakt zu treten und deine negativen Gefühle zu akzeptieren (!), statt dich selbst und/oder andere dafür zu verurteilen.
Fang also einfach mal damit an, dass du im Laufe des Tages immer wieder innehältst und dich fragst: Was fühle ich gerade? Um das nicht zu vergessen, erinnerst du dich am besten drei- bis fünfmal pro Tag per Handy-Alarm daran. Wenn der Alarm startet, konzentrierst du dich mindestens 30 Sekunden auf deinen Körper und nimmst deine Gefühle wahr, aber ohne sie mit dem Kopf zu bewerten. Gefühle wahrzunehmen, ohne sie in irgendeiner Form zu bewerten, ist zwar ungewohnt für uns, wirkt aber unheimlich befreiend.
Im nächsten Schritt legst du dir ein Notizbuch zu und jedes Mal, nachdem du deine Gefühle bewusst gefühlt hast, schreibst du auf, wie du dich gerade gefühlt hast. Achtung: Bitte wirklich handschriftlich, denn so kommt es auch in deinem Unterbewusstsein an! So hast du später einen Überblick darüber, was du an einem Tag so alles fühlst und du kannst bestimmte Muster und auch Auslöser für verschiedene Gefühle aufdecken. Du entlarvst so zum Beispiel bestimmte Glaubenssätze, Gedanken, Situationen oder auch Kommentare von anderen und kommst deinen tiefsten Verletzungen und Lebensthemen auf die Spur.
Nächste Übung gefällig?
Sei mutig und setze dich den verschiedensten Emotionen aus und nimm sie ganz bewusst wahr. Schau dir dafür zum Beispiel unterschiedliche Filme an, die verschiedenste Gefühle bei dir triggern. Es kann eine romantische Komödie, ein unfassbar trauriges Drama, ein fesselnder Thriller oder gar ein gut gemachter Horror-Film sein.
Komfortzone verlassen!
Ach Gott, du wusstest es: Spätestens jetzt wird es auch für dich ungemütlich 😉 Wie gesagt: Nicht alles auf einmal ausprobieren. Trau dich und verlasse mal wieder deine Komfortzone, mache Dinge, die du noch nie gemacht hast. Geh allein auf eine Veranstaltung, wo du niemanden kennst, verreise ganz allein oder spreche vor einer großen Menschenmenge. Welche Gefühle löst das in dir aus? Wie fühlst du dich dabei? Wie intensiv sind diese Gefühle?
Werde dir bewusst, welche Verdrängungsmechanismen du benutzt, um besonders heftige Emotionen nicht fühlen zu müssen. Beobachte dich genau und akzeptiere liebevoll, auf welchem Level deiner emotionalen Reise du dich befindest.
Die 30 Sekunden Emotion
Du bist deinen Verdrängungsstrategien wahrscheinlich schon ein bisschen auf die Spur gekommen, prima. Beim nächsten Mal versuchst du nun, deine negativen Emotionen nur 30 Sekunden zuzulassen, dafür aber ganz bewusst und ohne zu bewerten. Sei stolz auf dich, liebe dich dafür, dass du dich diesem negativen Gefühl stellst und es nicht – wie bisher – verdrängst. Diesen Zeitraum, in dem du deine heftigen Gefühle bewusst wahrnimmst, ohne (!) sie zu bewerten und ohne (!) sie ändern zu wollen, kannst du dann mit der Zeit weiter ausdehnen.
Mach dir klar, dass deine Gedanken und Gefühle zusammenhängen. Meist entstehen negative Gefühle aufgrund bestimmter Gedanken. Wenn du dich traust, setze dich hin und denke absichtlich ca. 30 Sekunden Gedanken, die für dich schrecklich sind, und nehme – auch wieder ca. 30 Sekunden – bewusst wahr, welche Gefühle dadurch aufkommen und wie sie sich anfühlen. Wichtig: Denke anschließend unbedingt einen besonders schönen Gedanken und fühle in dich hinein, wie gut er dir tut.
Leider, leider
Der Ehrlichkeit halber muss ich dir jetzt auch sagen, dass es bei aller Übung nicht bedeutet, dass du nach diesen Übungen nie wieder schlechte Gefühle haben wirst. Negative Gefühle gehören eben auch zum Leben dazu und es kann nicht darum gehen, sie komplett aus unserem Leben zu verbannen. Die Übungen können dir helfen, negative Emotionen schneller loszulassen, alte Wunden zu heilen und dadurch in deine volle Kraft zu kommen und dein volles Potential zu leben.
Fazit:
Gelingt es dir, unterdrückte Gefühle loszulassen, wird viel Energie frei, die du dann für andere Sachen nutzen und endlich in deine volle Kraft kommen kannst. Wer seine Gefühle bewusst wahrnimmt, auch seine negativen Emotionen liebevoll annimmt und sie bewusst fühlt, bekommt einen tiefen Zugang zu seinem Selbst. Diese Stimme, die man auch Intuition oder innere Führung nennt, zeigt dir den richtigen, deinen ureigenen Weg meist über Gefühle. Wenn du also lernst, diese leise Stimme über deine Gefühle wahrzunehmen und die Zeichen zu deuten, folgst du deiner inneren Führung und lebst das Leben, für das du hier bist – in deiner vollen Kraft und Potential, das in dir steckt. Anfangs musst du vielleicht ein bisschen genauer hinhören, denn deine innere Stimme ist es ja gar nicht gewohnt, dass du ihr zuhörst … 😉 … Bleib also dran, es lohnt sich. Versprochen!
Ich wünsche dir eine wenig(er) weltmeisterliche Zeit …
PS: … wie immer freue ich mich auch diesmal über einen Kommentar von dir, gerne über diesen Weg.