Heute muss / soll möglichst alles immer perfekt sein: Das perfekte Aussehen, die perfekte Wohnung / Haus / Auto, die perfekte Beziehung, der perfekte Job und und und. Nur, ist perfekt auch ‘schön’? Und was ist ‘schön’? Schön im Sinne von mit Leben erfüllt? Welcher Zustand lebt mehr? Perfekt oder schön? Ist es nicht sogar so, dass wir Dinge, Menschen und Situationen die total perfekt sind, eher mit Misstrauen betrachten? Makellose Schönheit ist oft genug eher unwirklich. Ist es nicht vielmehr so, dass wir Dinge, Menschen und auch Situationen weit höher schätzen, wenn sie nicht ganz perfekt sind und dadurch ihre ganze Schönheit entfalten?
Zugegeben, der erste Kratzer am niegelnagelneuen Auto oder Glastisch tut weh. Auch leiden wir ganz furchtbar, wenn unser Lieblingsvierbeiner nach einem Fight unter seines Gleichen mit mehr oder weniger üblen Wunden nach Hause kommt. Wenn die genähte Narbe dann verheilt ist, schätzen wir unseren tapferen Vierbeiner aber meistens noch viel mehr oder gerade deswegen. Denn es ist auch eine Form des ‘reicher werdens’.
Ich habe hierzu eine kleine Geschichte. Den Autor konnte ich allerdings trotz intensiver Recherchen im Netz nicht ausfindig machen, schade, hätte mich gerne bedankt für diese wunderschöne Metapher.
Das perfekte Herz
Eines Tages stand ein junger Mann mitten in der Stadt und erklärte, dass er das schönste Herz im ganzen Tal habe.
Eine große Menschenmenge versammelte sich, und sie alle bewunderten sein Herz, denn es war perfekt. Es gab keinen Fleck oder Fehler in ihm. Ja, sie alle gaben ihm Recht, es war wirklich das schönste Herz, was sie je gesehen hatten. Der junge Mann war sehr stolz und prahlte noch lauter über sein schönes Herz.
Plötzlich tauchte ein alter Mann vor der Menge auf und sagte: „Nun, dein Herz ist nicht mal annähernd so schön wie meines.“
Die Menschenmenge und der junge Mann schauten das Herz des alten Mannes an.
Es schlug kräftig, aber es war voller Narben, es hatte Stellen, wo Stücke entfernt und durch andere ersetzt worden waren. Aber sie passten nicht richtig, und es gab einige ausgefranste Ecken … genauer … an einigen Stellen waren tiefe Furchen, wo ganze Teile fehlten.
Die Leute starrten ihn an. Wie kann er behaupten, sein Herz sei schöner, dachten sie?
Der junge Mann schaute auf des alten Mannes Herz, sah dessen Zustand und lachte: „Du musst scherzen“, sagte er, „dein Herz mit meinem zu vergleichen. Meines ist perfekt und deines ist ein Durcheinander aus Narben und Tränen.“
„Ja“, sagte der alte Mann, „deines sieht perfekt aus, aber ich würde niemals mit dir tauschen. Jede Narbe steht für einen Menschen, dem ich meine Liebe gegeben habe. Ich reiße ein Stück meines Herzens heraus und reiche es ihnen, und oft geben sie mir ein Stück ihres Herzens, das in die leere Stelle meines Herzens passt. Aber weil die Stücke nicht genau gleich sind, habe ich einige raue Kanten, die ich sehr schätze, denn sie erinnern mich an die Liebe, die wir teilten.
Manchmal habe ich auch ein Stück meines Herzens gegeben, ohne dass mir der andere ein Stück seines Herzens zurückgegeben hat. Das sind die leeren Furchen. Liebe geben heißt manchmal auch, ein Risiko einzugehen.
Auch wenn diese Furchen schmerzhaft sind, bleiben sie offen und auch sie erinnern mich an die Liebe, die ich für diese Menschen empfinde, und ich hoffe, dass sie eines Tages zurückkehren und den Platz ausfüllen werden. Erkennst du jetzt, was wahre Schönheit ist?“
Der junge Mann stand still da und Tränen rannen über seine Wangen.
Er ging auf den alten Mann zu, griff nach seinem perfekten jungen und schönen Herzen und riss ein Stück heraus. Er bot es dem alten Mann mit zitternden Händen an. Der alte Mann nahm das Angebot an, setzte es in sein Herz. Er nahm dann ein Stück seines alten vernarbten Herzens und füllte damit die Wunde im Herzen des jungen Mannes. Es passte nicht perfekt, da es einige ausgefranste Ränder hatte.
Der junge Mann sah sein Herz an, nicht mehr perfekt, aber schöner als je zuvor, denn er spürte die Liebe des alten Mannes in sein Herz fließen.
Sie umarmten sich und gingen weg, Seite an Seite.
Hach, ich hoffe dir ist jetzt genauso warm ums Herz wie mir. Dabei habe ich die Geschichte schon so oft gelesen, sie kommt ‘irgendwie’ immer wieder zu mir und deswegen wollte ich sie heute mit dir teilen.
Ich wünsche mir für dich & mich (Grins) ganz viele schon vorhandene ausgefranste Herzensränder und zukünftige Lebenssituationen für ausgefranste Herzensränder, denn die sind es, warum wir hier sind: Zu lernen, zu lieben, zu geben und zu empfangen!
Ganz im wörtlichen Sinne … ♥ … Grüße