Unser heutiges Leben ist definitiv lauter als noch vor einigen Jahrzehnten. Nur, wie viel Lärm ist erträglich? Was kannst du und ich tun oder lassen? Und was macht das Thema Lärm mit dir bzw. welche Chancen liegen darin?
Lärm ist unumgänglich im heutigen Alltag. Wir tragen natürlich auch selber immer wieder zum ‘Gesamtkonzert’ bei, z.B. durch Motorenlärm, Handyklingeln an den unmöglichsten Orten oder auch durch ein spontan aufgedrehtes Radio, weil gerade unser Lieblingssong läuft. Und wie viel Lärm ist erträglich? Für dich und mich und alle anderen Lebewesen? Was kannst du selbst tun oder lassen, um das Beste aus dem unvermeidbaren Lärm zu machen? Eine Idee ist:
Auf keinen Fall ärgern! Ändern!!! … und wie?
Eine typische Lärmkulisse an einem typischen Tag: Überall rattert und piepst es, und wenn es gerade doch mal still ist, beginnt irgendjemand mit seinem Handy im Zug, im Café, auf der Straße oder in der U-Bahn lautstark zu telefonieren, und ich muss mir Dinge anhören, die mich nicht interessieren und mich wirklich nichts angehen. Ich glaube zwar nicht daran, dass früher alles besser war, aber ich finde: Die meisten Menschen und große Städte sind doch ziemlich laut oder lauter geworden.
Ich lebe seit über zwanzig Jahren in einer Kleinstadt mit ca. 65.000 Einwohnern in der Nähe einer Großstadt im Rhein-Main-Gebiet. Im Grunde ist es hier immer noch idyllisch ‘ruhig’, sehr viel Natur drum herum und ich ziehe diesen Wohnort immer noch einer angesagten Wohnung direkt in der Großstadt vor. Doch auch hier wird es zunehmend lauter: Mehr Verkehr, mehr Menschen, mehr Dauerbeschallung und und und.
In Sachen Lärm hat die tibetische Tradition einen alten weisen Spruch, der da lautet:
„Du brauchst dich nie zu ärgern.
Entweder kannst du die Umstände verändern,
dann brauchst du dich nicht zu ärgern,
denn du weißt, du kannst sie verändern, also verändere sie.
Und wenn du sie nicht verändern kannst, brauchst du dich
ebenfalls nicht zu ärgern, denn der Ärger nützt ja nichts.”
Ich gebe zu, es gehört schon eine ordentliche Portion Weisheit und eine gute Portion Lebenserfahrung dazu, das eine vom anderen zu unterscheiden. Ein erster Weg dorthin geht über ausprobieren, denn es gibt durchaus Mittel und Wege um dich zu schützen!
Wenn mich Lärm stört und ich die Umstände verändern kann, tue ich das. Ich bitte mittlerweile in einem Restaurant oder Café freundlich darum, die Musik etwas leiser zu stellen, wenn sie mir eine normale Unterhaltung nicht erlaubt. Und meist tun sie das dann auch. Wenn ich die Umstände nicht verändern kann, gehe ich nach Möglichkeit weit weg, sprich ich gehe entweder sofort woanders hin oder war an dem Tag das letzte Mal dort. Was mir persönlich hilft, wenn ich aktuell weder etwas verändern noch die Situation verlassen kann: Ich versuche dann mir die Geräusche als Mantra vorzustellen. Mantras sind Silbenfolgen, mit denen im Buddhismus unterschiedliche Buddha-Gestalten angerufen werden. Das Wort selbst kommt aus dem Sanskrit und bedeutet: Mittel (tra) zum Schutz des Geistes (Manas). Wie passend, denn in erster Linie regt sich ja mein Geist über den Lärm auf und dadurch wirkt der Lärm auf meinen Körper.
Okay, wenn in der tantrischen Tradition des Buddhismus empfohlen wird, alle Klänge als Mantras zu hören, bezieht sich das meist auf üble Nachrede und Kritik. Du kannst das aber ruhig (auch) auf die ‘Lärmsituation’ übertragen. Manchmal gelingt mir das durchaus und mit ein wenig Übung vielleicht bald auch dir 😉
In solchen Momenten kann ich zum Beispiel völlig tiefenentspannt neben einem Kopierer oder Drucker stehen und mich im Rhythmus der Maschine ein bisschen wiegen und das wiederkehrende Kopier- oder Druckgeräusch kommt bei mir als interessant und schön an. Oder das Dauerrauschen der Autobahn, die ein paar Kilometer nördlich von meinem Wohnsitz in Richtung Kassel führt. Je nach Wetterlage höre ich es mal mehr, mal weniger. Im Falle von ‘mehr’ stelle ich mir eine Art fortlaufenden Bass aus der Musik vor. Zugegeben: Hier braucht es ein wenig Geduld und eine gute Portion Fantasie, und ja, es kommt immer auch auf die eigene Tagesform an 😉
Wenn von Frühling bis Herbst am Wochenende allerdings ganze Horden von Nachbarskindern durch die Gartenanlagen toben, begleitet von viel Lachen, Weinen und Geschrei bis hin zu spitzen Dauerschreien, ist dass dann schon eine große Herausforderung für meine Fantasie und Imaginationskraft.
Ich stelle mir dann lieber vor, dass eine wilde grüne Tara – eine buddhistische Göttin des Mitgefühls und ihre Aufgabe ist es den Menschen das Leiden zu erleichtern – mir gerade eine Lehrstunde in Sachen Geduld gibt. Die traditionelle Empfehlung dazu lautet: Sieh alle Lebewesen als Tara, das heißt als Buddha, als Erwachte. Du sollst dir jetzt natürlich nicht alle deine Mitmenschen als grüne Männchen oder Frauen vorstellen, sondern es soll uns zum Nachdenken anregen:
Was können wir in einer unangenehmen Situation lernen?
Welche Fähigkeiten braucht es, um eine unangenehme Situation zu ertragen und das Beste daraus zu machen?
Meist funktioniert das für eine Weile ganz gut. Geduld üben ist immer sinnvoll 😉 Sie gilt als Kernkompetenz auf dem spirituellen Weg. Manchmal kann ich Lärm auch als sportliche Herausforderung betrachten und meine Vorurteile und Genervtheit mir gegenüber sogar freundlich und entspannt zur Kenntnis nehmen. Wenn ich mich dann hinterfrage und genauer untersuche, kommen mir oft genug kühne Ideen: Alle Motorräder und Flugzeuge lasse ich zum Beispiel in meiner Fantasie mit Schalldämpfern ausstatten. Allzu lauten Handyjunkies verpasse ich – natürlich nur in meiner Fantasie – eine Art schallisolierendes Ganzkörperkondom. Diese Fantasien beruhigen mich manchmal für eine Weile, womit sie ihren Zweck bereits erfüllt haben oder fange an innerlich zu lachen, wenn ich meine Fantasie in Bilder umsetze.
Gedanklich dadurch sichtlich entspannter, stelle ich erstaunt fest: Auch in unangenehmen Situationen können wir etwas lernen, denn:
„Du brauchst dich nie zu ärgern.
Entweder kannst du die Umstände verändern.
Und wenn du sie nicht verändern kannst,
brauchst du dich ebenfalls nicht zu ärgern,
denn der Ärger nützt ja nichts.”
Ich wünsche dir sehr, dass du die eine oder andere Anregung für den Umgang mit unschönen Lärmquellen mitnehmen kannst. In diesem Sinne fantasievolle Grüße
So schön und leise beschrieben. Ich finde mich wieder. Viele Grüße.
Danke für deine Rückmeldung!
Beste Grüße, Birgit
Liebe Birgit, das hat mir gerade sehr geholfen. Bei mir geht es vor allem um den Lärm der Nachbarskinder.u. Auch deren Eltern ?
Das freut mich sehr liebe Marion! Nachbarskinder & deren Eltern können mitunter eine sehr große Herausforderung sein 😉